Die WAZ machte am 26.10.2018 darauf aufmerksam, dass die Anwohner der Husemannstraße wegen der gestiegenen Verkehrsbelastung Sorgen haben, dass die Stickoxid-Grenzwerte überschritten sein könnten.

Diese Beobachtung ist nachvollziehbar. Die Stadt Witten in Gestalt von Herrn Klawe entgegnet, dass Grenzwertsüberschreitungen nur in engen, schlecht durchlüfteten Straßen zu erwarten seien. Das entspringt der verqueren Logik des Wittener Luftreinhalteplans (LRP), der in seiner Version von 2016 eigentlich nur noch ein Dreckumverteilungsplan genannt werden kann. Seit Jahren schon sträubt sich die Verwaltung und die GroKo in Witten dagegen, z.B. durch Einbeziehung von Teilen des Wittener Stadtgebiets in die Umweltzone Ruhrgebiet die Entstehung von Luftschadstoffen durch Fahrverbote zu ermöglichen. Statt dessen werden Parkbuchten und Abbiegespuren verändert. Allenfalls die Emissionen durch den Busverkehr wurden reduziert - das aber hauptsächlich bei den direkt von der Bogestra betriebenen Fahrzeugen, während für VER, Groeger und Killer Citybus immer noch Dreckschleudern - teilweise sogar noch nach Euro 0 - fahren dürfen.

Die Wittener Linke hat diese Untätigkeit zum Anlass genommen, die Umwandlung der Ruhrstraße zur Fußgängerstaße zu fordern. Sicher für die Anwohner eine effektive und schnelle Hilfe. Sie folgt jedoch nur der Dreckumverteilungslogik, denn der Verkehr würde nicht verhindert, sondern nur durch andere Straßen (z.B. die Husemannstraße) umgeleitet werden.

AUF Witten hat sich mit dem Individualverkehr als Verschmutzungsursache nie kompetent auseinander gesetzt, sondern betreibt auf Wittenleaks größtenteils fröhliches DEW-Bashing und die Pflege von Verschwörungstheorien, die fast gleichlautend auch vom entgegengesetzten Rand des politischen Spektrums stammen könnten.

Ich selber habe für die Wittener GRÜNEN seit 2014 die Einbeziehung von Witten in die Umweltzone Ruhrgebiet gefordert - damals schon mit Verweis auf zukünftig notwendige Verschärfungen der gesetzlichen Regelungen, die zur Einführung der "blauen Plakette" zwingen werden. Leider fand dieser Vorschlag keine Mehrheit, und so wird in Witten immer noch an Symptomen kuriert und Dreck umverteilt.

Es ist wahrscheinlich, dass die Husemannstraße wegen des gestiegenen Verkehrsaufkommens schlechtere Luftwerte hat. Vielleicht sind diese sogar grenzwertüberschreitend. Viel bedrohlicher ist jedoch die Situation an der Ardeystraße, deren Anwohner jedoch im Gegansatz zu den "Husemännern" keine Lobby haben und kein Sprachrohr in der Lokalpresse finden.

Wie komme ich zu dieser Ansicht? Der aktive LRP für Witten aus dem Jahr 2016 geht zurück auf den LRP von 2010 (bitte per Mail erfragen). Für den LRP von 2010 wurden mehrere Meßstellen im Stadtgebiet auf die aktuelle Schadstoffbelastung hin untersucht. Die Meßstelle an der Ruhrstraße überschritt den Grenzwert von 40 µg/m³ deutlich mit 46 µg/m³; die Meßstelle an der Ardeystraße (Ecke Mannesmannstr.) lag mit 39 µg/m³ knapp darunter. Eine zugunsten der Ruhrstraße geänderte Verkehrsführung führt jedoch zwangsläufig zu einer Mehrbelastung der Ardeystraße. Da die Ardeystraße in diesem Abschnitt senkrecht zur Hauptwindrichtung verläuft, hat sie jedoch Probleme, sich auf Kosten der umgebenden Straßen zu "entlasten" und aggregiert die durch den Verkehr entstandenen Schadstoffe wieder.

In Hamburg hat sich die Lokalredaktion der ZEIT (44/2018) die Mühe gemacht, und zusätzlich zu den offiziellen 2 Messstellen auf eigene Rechnung 16 weitere installiert. Bei 11 dieser 16 Messstellen wurden ebenfalls Grenzwertüberschreitungen festgestellt. Das führt das Hamburger Vorgehen (Fahrverbote für die Umgebung dieser zwei Messstellen) ad absurdum. Und auch die Wittener Umverteilungsmaßnahmen sind rein kosmetischer Natur.

Eine kommunale Umweltpolitik, die ernsthaft die Wittener Bürger*innen vor Gesundheitsschäden schützen und die gesetzlichen Bestimmungen einhalten will, müsste daher

  1. Endlich Maßnahmen einleiten, die zu stadtweiten Fahrverboten führen können - sowohl für dreckige Privat-PWK, als auch für Busse, die nicht mindestens Euro V einhalten.
  2. Die aktuelle Schadstoffbelastung im gesamten Stadtgebiet neu ermitteln - an der Husemannstraße, aber auch an der Ardeystraße und am Bodenborn.

Da weder Wittener noch Berliner GroKo noch die Landesregierung NRW den Schutz der Umwelt vor kurzfristige Wirtschaftsinteressen stellen, ist mit diesen Maßnahmen leider weiterhin nicht zu rechnen.

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